Overthinking, auch bekannt als übermäßiges Grübeln oder übermäßiges Nachdenken, meint eine Denkweise, bei der eine Person dazu neigt, übermäßig viel Zeit und Energie darauf zu verwenden, über verschiedene Möglichkeiten, Szenarien oder Entscheidungen nachzudenken. Es ist ein Zustand, in dem das Nachdenken über eine Situation oder ein Problem zu einem überwältigenden und belastenden Prozess wird.
Aus dem Englischem übersetzt heißt Overthinking so viel, wie „zu lang über etwas nachdenken“ oder „sich endlos Gedanken über etwas machen“. Doch wann tritt das maladaptive Verhalten auf? Besonders zwei Situationen lassen sich als typische Auslöser für Overthinking identifizieren:
Entscheidungssituationen
Menschen, die unter Overthinking leiden, neigen dazu, sich in einem endlosen Kreislauf des Denkens zu verfangen. Sie analysieren jede mögliche Option, spielen verschiedene Szenarien in ihrem Kopf durch und machen sich Sorgen über die potenziellen Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Dieses ständige Nachdenken kann zu einer lähmenden Unsicherheit führen und es schwierig machen, eine klare Entscheidung zu treffen oder überhaupt voranzukommen. Besonders erschwerend kommt hinzu, dass es in Entscheidungssituation häufig kein richtig oder falsch gibt. Dennoch gibt das Overthinking einem das Gefühl, eine richtige Entscheidung treffen zu können, wenn man nur zu lange nachdenkt und alles berücksichtigt.
Soziale Situationen
Overthinking kann in verschiedenen sozialen Situationen vorkommen. Ein kritischer Blick eines Fremden, die Absage eines Freundes oder das bevorstehende Kennenlernen der Schwiegereltern - all das sind Situationen, in denen das Gehirn beginnt, übermäßig zu analysieren und zu spekulieren. Dieses Phänomen wird oft als "Kopfkino" bezeichnet. Es beinhaltet das Grübeln über vergangene Ereignisse und deren Bedeutung sowie das Vorausdenken und Vorbereiten auf zukünftige Situationen. Overthinking kann sowohl auf vergangene Situationen bezogen sein, bei denen die Bedeutung hinterfragt wird, als auch auf zukünftige Situationen, auf die man sich so gut wie möglich vorbereiten möchte.
Die Psychologie hinter Overthinking
Overthinking kann verschiedene Ursachen haben. Manche Menschen haben von Natur aus eine analytische Denkweise und neigen dazu, alles zu überdenken. Andere können aufgrund von Ängsten, Unsicherheiten oder vergangenen negativen Erfahrungen dazu neigen, übermäßig viel nachzudenken. Externe Faktoren wie hoher Stress, Druck oder eine überfordernde Umgebung können ebenfalls dazu beitragen.
Ein weiterer Faktor ist die evolutionäre Komponente. Wo es früher überlebenswichtig war über Entscheidungen im kleinsten nachzudenken und diese zu reflektieren, erschwert es uns heute den Alltag. Denn wer sich in der Steinzeit Gedanken gemacht hat, konnte somit sein Überleben sichern, sich auf mögliche neue Gefahren vorbereiten und aus Fehlern lernen. Zusätzlich half Overthinking dabei seinen Platz in der sozialen Gruppe zu finden und zu vermeiden ausgeschlossen zu werden. Ständiges Nachdenken ist somit ein evolutionärer Schutzmechanismus. Heutzutage haben wir allerdings nicht mit solchen Gefahren zu kämpfen, sodass Overthinking eher zu lähmenden Verhaltensweisen beiträgt.
Was tun bei Overthinking?
Um mit Overthinking umzugehen, gibt es verschiedene Strategien, die helfen können. Eine Möglichkeit besteht darin, sich bewusst zu machen, dass übermäßiges Nachdenken oft nicht produktiv ist und uns daran hindert, voranzukommen. Es kann hilfreich sein, sich selbst zu erlauben, nicht immer die perfekte Entscheidung treffen zu müssen und sich stattdessen auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Eine weitere Strategie besteht darin, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und Achtsamkeit zu praktizieren. Indem man sich auf den gegenwärtigen Moment konzentriert und sich bewusst wird, dass das Grübeln über die Vergangenheit oder die Zukunft nicht hilfreich ist, kann man den Kreislauf des Overthinking unterbrechen.
Weitere Möglichkeiten:
- Achtsamkeitsübungen
- Stressprävention
- Fokus setzen
- Gedanken zulassen, denn nur so können sie losgelassen werden
- Psychotherapie
Psychotherapie bei Overthinking – ist das überhaupt sinnvoll?
Overthinking kann Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben. Es kann Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Erschöpfung, Angstgefühle oder Depressionen auslösen und dem Selbstwertgefühl schaden. Es kann auch zu zwischenmenschlichen Problemen führen, da übermäßiges Nachdenken zum Rückzug und zur Isolation führt. Die Lebensqualität kann durch die Schwierigkeit bei der Entscheidungsfindung stark beeinträchtigt sein.
Wenn Overthinking zu einer echten Belastung wird, ist es wichtig, ärztlichen oder psychotherapeutischen Rat einzuholen. Ein Arzt oder Therapeut kann eine genaue Diagnose stellen und geeignete Behandlungsmöglichkeiten empfehlen. Dies kann eine Kombination aus Medikamenten, Psychotherapie oder anderen Therapieansätzen umfassen. Denn Overthinking kann auch ein Hinweis auf eine generalisierte Angst, eine sozialen Phobie oder Zwangsgedanken sein.
Besonders Verhaltenstherapie (ein anerkanntes Richtlinienverfahren) kann dabei helfen Overthinking zu bewältigen. Im Fokus dieses Psychotherapieverfahrens stehen Gedanken, Gefühle aber auch Verhalten, unter anderem werden Entspannungstechniken und Stressbewältigungsstrategien genutzt.