Postpartale Depression: Wenn das Mutterglück in den Hintergrund rückt

Die Geburt eines Kindes ist ein wunderbares Ereignis, das mit viel Freude und Glück verbunden ist. Doch für manche Mütter kann diese Zeit auch von einer postpartalen Depression überschattet werden. Doch wie genau lässt sich diese Form der Depression erklären und welche Auswirkungen kann sie auf die betroffenen Frauen haben?

Was ist eine postpartale Depression?
Eine postpartale Depression tritt in den ersten Wochen nach der Geburt auf und wird umgangssprachlich auch als Wochenbettdepression oder postnatale Depression bezeichnet. Sie ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die das Wohlbefinden und die Lebensqualität der betroffenen Mütter erheblich beeinträchtigen kann. Die Ursachen für eine postpartale Depression sind vielfältig und können sowohl hormonelle als auch psychosoziale Faktoren umfassen. 

Symptome und Auswirkungen:
Mütter, die an einer postpartalen Depression leiden, fühlen sich oft leer, antriebslos und niedergeschlagen. Sie haben Schwierigkeiten, Freude und Glück zu empfinden, obwohl sie gerade ein Kind zur Welt gebracht haben. Die Müdigkeit und die körperlichen Veränderungen nach der Geburt können die Symptome verstärken und die Mütter noch vulnerabler machen. Die postpartale Depression kann sich auch auf die Bindung zwischen Mutter und Kind auswirken und das Familienleben belasten. 
 
Wichtig! Zwar sind hauptsächlich Frauen von postpartaler Depression betroffen, dennoch können Männer ebenfalls erkranken. Die Symptome ähneln die der Frauen treten aber wesentlich später auf (ca. drei bis sechs Monate nach der Geburt). Die Studie von Eddy et al. (2019) zeigt, dass betroffene Väter besonders darunter leiden, da sie an geschlechterspezifischen Rollen festhalten, ihre Gefühle unterdrücken und sich vernachlässigt fühlen. Männer haben ein höheres Risiko an einer Wochenbettdepression zu erkranken, wenn die Mutter zuvor ebenfalls darunter gelitten hat. 

Symptome der postpartalen Depression treten in der Regel innerhalb eines Monats nach der Geburt auf und können Folgendes umfassen: Interessenverlust, Wertlosigkeitsgefühle, anhaltende Traurigkeit und häufiges Weinen, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Konzentrationsstörungen, Schuldgefühle, Selbstzweifel, Grübeln, Gedanken an Selbstverletzung oder daran, dem Baby zu schaden, Stimmungsschwankungen und Isolation. 
Es ist wichtig zu beachten, dass viele Betroffene sich schämen und Angst haben, offen über ihre Gefühle und Symptome zu sprechen. Dies kann auf die Angst vor Stigmatisierung und dem Etikett "schlechte Mutter" zurückzuführen sein. Es ist jedoch entscheidend, dass Betroffene Unterstützung suchen und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um angemessene Behandlungsmöglichkeiten zu erhalten. 

Postpartale Depressionen und Baby-Blues 
Nicht jedes Stimmungstief nach einer Geburt deutet auf postpartale Depressionen hin. Während die Symptomatik der Wochenbettdepression mindestens zwei Wochen anhalten, erleben etwa die Hälfte der Frauen nach der Geburt den sogenannten Baby-Blues. Dabei handelt es sich eine kurze emotionale Phase. 
 
Postpartale Depression  | Baby-Blues  
Symptome halten mindestens zwei Wochen an  | Symptome dauern nur wenige Tage an 
Symptome sind stärker ausgeprägt als beim Baby-Blues  | Symptome sind weniger stark ausgeprägt als bei einer postpartalen Depression 
Kann zu schweren Stimmungsschwankungen, Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit und Angst führen  | Symptome: Häufiges Weinen Stimmungsschwankungen Emotionale Sensibilität 
Kann das Bindungserleben zwischen Mutter und Kind beeinträchtigen  | Wird durch die Hormonumstellung nach der Geburt ausgelöst 
Erfordert möglicherweise eine professionelle Behandlung, wie Psychotherapie oder Medikamente   | Löst sich normalerweise von selbst auf und erfordert keine spezifische Behandlung  

Exkurs! Im ICD-10, der Internationalen Klassifikation von Krankheiten wird die postpartale Depression unter dem Code F53.0 „Postpartale Depression“ klassifiziert. Dieser Code wird verwendet, um eine depressive Störung zu diagnostizieren, die innerhalb von vier Wochen nach der Entbindung auftritt. Es ist wichtig zu beachten, dass der ICD-10 auch andere Codes für verschiedene Arten von postpartalen Störungen enthält, wie zum Beispiel F53.1 „Postpartale Psychose“ für psychotische Symptome nach der Geburt. Es ist ratsam, einen Facharzt oder Psychiater aufzusuchen, um eine genaue Diagnose und Behandlung zu erhalten. 

Wie kommt es zu einer Postpartalen Depression? 
Es gibt verschiedene Faktoren, die zu der Entstehung der Wochenbettdepression beitragen können. Eine Schwangerschaft und die Geburt sind körperlich und emotional anspruchsvoll. Der Hormonhaushalt einer Frau verändert sich während dieser Zeit erheblich, was zu Stimmungsschwankungen führen kann. Diese hormonellen Veränderungen können das Risiko für eine Postpartale Depression erhöhen. 

Die Lebensumstellung nach der Geburt kann ebenfalls eine Rolle spielen. Die Mutter muss sich an die neue Rolle als Elternteil anpassen und möglicherweise mit Schlafmangel, Erschöpfung und Stress umgehen. Wenn die Mutter alleinerziehend ist oder in einer unglücklichen Partnerschaft lebt und keine ausreichende Unterstützung erhält, kann dies zu einer Überforderung führen und das Risiko für eine Postpartale Depression erhöhen.  

Weitere psychologische Faktoren sind: 

Traumatische Erfahrungen in der Vergangenheit  
Depressionen  
Angststörungen 
 
Auch biochemische Veränderungen im Gehirn können eine Rolle spielen. Während der Schwangerschaft und nach der Geburt kommt es zu Veränderungen im Hormonhaushalt und im Neurotransmittersystem, die die Stimmung beeinflussen können. Ein Ungleichgewicht dieser chemischen Botenstoffe im Gehirn kann das Risiko zu erkranken erhöhen. 

Behandlungsmöglichkeiten:
Es ist wichtig, dass eine postpartale Depression frühzeitig erkannt und behandelt wird, um das Leiden der betroffenen Mütter zu lindern. Eine Kombination aus psychotherapeutischer Unterstützung und gegebenenfalls medikamentöser Behandlung kann helfen, die Symptome zu bewältigen und das Wohlbefinden der Mütter zu verbessern. Zudem ist es wichtig, dass die betroffenen Frauen Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld erhalten und sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.  

Die Behandlung einer postpartalen Depression richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung. Bei einer leichten Depression kann es ausreichend sein, wenn die Betroffenen emotionale Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld erhalten um das Selbstvertrauen zu stärken oder auch sportlich aktiv sind, da dies der Symptomatik entgegenwirken kann. Dennoch ist auch in leichten Fällen eine Psychotherapie empfehlenswert, um einer möglichen Verschlechterung vorzubeugen.  

Wenn die Symptome länger als zwei Wochen anhalten, sollte eine Psychotherapie in Betracht gezogen werden. Die Behandlung einer postpartalen Depression erfolgt ähnlich wie bei einer herkömmlichen Depression. Es stehen verschiedene Therapieansätze zur Verfügung, wie die tiefenpsychologische oder kognitive Verhaltenstherapie. In einigen Fällen kann auch die zusätzliche Einnahme von Antidepressiva in Verbindung mit Psychotherapie erwogen werden, um den Betroffenen dabei zu helfen, den Anforderungen des Alltags besser gewachsen zu sein. Die Entscheidung für eine medikamentöse Behandlung hängt jedoch vom Schweregrad der postpartalen Depression ab. In seltenen Fällen kann auch ein stationärer Aufenthalt sinnvoll sein. Es existieren Einrichtungen, in denen Mutter und Kind gemeinsame Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, um die Mutter-Kind-Beziehung während der Behandlung zu stärken. Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine weitere Möglichkeit zur Behandlung einer postpartalen Depression. Hierbei unterstützt ein Psychotherapeut die Mutter dabei, negative Gedanken, Wertvorstellungen und Verhaltensmuster zu überwinden und durch hilfreiche zu ersetzen. Alle Therapieansätze zielen darauf ab, das Selbstvertrauen der Mutter zu stärken und die Mutter-Kind-Beziehung zu verbessern. Während der Psychoedukation wird auch über die Hintergründe der Erkrankung gesprochen, um zu verstehen, warum es den Betroffenen schwerfällt, sich an die neue Lebenssituation anzupassen, und wie dies verbessert werden kann. 
 
Hilfe für Betroffene im Alltag 
Im Vordergrund der Behandlung von postpartalen Depressionen steht die Verbesserung der Symptomatik der Mutter und eine gesunde Mutter-Kind-Beziehung sicherzustellen. Regelmäßige Besuche einer Hebamme bieten mehr Sicherheit, Ermutigung und Unterstützung. Für Frauen, die wenig Unterstützung von anderen erhalten oder unsicher in der Versorgung des Kindes sind, stehen sogenannte "frühe Hilfen" zur Verfügung. Dies kann beispielsweise eine langfristige Begleitung durch eine Familienhebamme, Teilnahme an Eltern-Treffs oder Erziehungsberatung beinhalten. Eine von der Krankenkasse bezahlte Haushaltshilfe kann ebenfalls in Betracht gezogen werden. Zusätzlich gibt es Aspekte auf die Betroffene achten können, um ihre Situation zu verbessern: 

  1. Teilen Sie Ihre emotionale Belastung mit anderen, anstatt sie geheim zu halten. Wenn Ihr Umfeld informiert ist, können Sie eine bessere emotionale Unterstützung erhalten. 
  2. Nehmen Sie sich regelmäßig Auszeiten, nur so können Sie sicherstellen, dass Sie achtsam mit Ihren Ressourcen umgehen. Auch hierfür brauchen Sie die Unterstützung anderer.  
  3. Vermeiden Sie große Veränderungen und Anstrengungen besonders in den ersten Monaten nach der Geburt (z.B. einen Umzug, einen Jobwechsel oder größere Renovierungsarbeiten) 
  4. Regelmäßige sportliche Bewegung, da Sport die Stimmung verbessert und die Symptomatik einer Depression mildern kann. Empfohlen wird sanfter Ausdauersport, wie Walking oder Schwimmen. 
  5. Suchen Sie den Austausch mit Gleichgesinnten (z.B. einer Selbsthilfegruppe) dort können Sie über Ihre emotionale Belastung sprechen und auch weitere Unterstützung und Tipps erhalten.