Stress im Alltag - Tools zur Bewältigung

 
Stress im Alltag - Tools zur Bewältigung

Sicherlich kennen Sie das Gefühl, wenn jeder etwas von Ihnen möchte, fünf Dinge gleichzeitig anstehen, Sie niemanden mehr gerecht werden können und Ihnen einfach alles zu viel wird. Dies sind nur einige von vielen Situationen, an die man denkt, wenn es um das Thema „Stress“ geht.

Stress ist ein allgegenwärtiger Begleiter in unserem modernen Leben. Berufliche Anforderungen, familiäre Verpflichtungen und der gesellschaftliche Druck erzeugen bei vielen von uns täglichen Stress. Doch was genau ist Stress, und wie entsteht er? Bis wann ist Stress gesund und ab wann sollte man aufpassen?

Was ist Stress?

Stress ist im Grunde nichts Negatives, sondern ein wichtiger Schutzmechanismus des Körpers. In Momenten, in denen wir bedroht werden oder einer großen Belastung ausgesetzt sind, verleiht Stress uns kurzfristig einen wichtigen Energiekick und versetzt den Körper in Alarmbereitschaft. Von Stress spricht man, wenn äußere oder innere Reize einen Menschen stark belasten, zum Beispiel durch Zeitdruck, Beziehungskonflikte, Schmerzen oder Schlafentzug. 

Biologisch gesehen ist Stress eine Reaktion des Körpers auf eine anstehende Herausforderung. Wenn wir Stress erleben, aktiviert unser Körper das sympathische Nervensystem und setzt Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol frei. Diese Hormone bereiten uns auf die "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion vor, indem sie den Herzschlag beschleunigen, die Atemfrequenz erhöhen und die Energiereserven mobilisieren. Gehirn und Muskeln werden besser mit Sauerstoff versorgt, die Muskeln spannen sich an, die Atmung beschleunigt, das Herz schlägt schneller. Durch die damit freigesetzte Energie werden wir sofort leistungs- und handlungsfähiger und könnten zum Beispiel schneller vor einer Gefahr fliehen. Ist die Gefahr vorüber, beruhigt sich der Körper wieder und die Produktion der Stresshormone nimmt wieder ab. Diese Reaktionen sind allem voran evolutionär begründet, um schnell auf Gefahren zu reagieren.

Ursachen für Stress

Grob unterscheidet man bei Verursachern zwischen zwei Kategorien: Externe Stressoren sind äußere Faktoren, die Stress verursachen können. Dazu gehören beruflicher Druck, finanzielle Probleme, Beziehungsprobleme, Lärm und Umweltverschmutzung. Schneiderman et al. (2020) zeigen, dass diese Stressoren oft unvermeidlich sind und Anpassungsstrategien erfordern. Der stetige Druck am Arbeitsplatz oder die Herausforderung, Familie und Beruf zu vereinbaren, sind typische Beispiele für externe Stressoren.

Interne Stressoren hingegen resultieren aus unseren Gedanken, Gefühlen und Einstellungen. Perfektionismus, Selbstkritik und unrealistische Erwartungen an uns selbst können erheblichen Stress verursachen. Santomauro et al. (2021) betonen, dass diese internen Stressoren subtiler und schwerer zu identifizieren sind, aber genauso schädlich sein können wie externe Stressoren. Die ständige Selbstkritik oder das Streben nach Perfektion sind Beispiele für interne Stressoren, die zu einem kontinuierlichen Gefühl der Überforderung führen können.

Formen und Auswirkungen von Stress

Stress kann in verschiedenen Formen auftreten. Akuter Stress ist beispielsweise eine kurzfristige Reaktion auf eine unmittelbare Bedrohung oder Herausforderung und kann tatsächlich hilfreich sein, indem er uns hilft, schnell und effektiv zu reagieren. Chronischer Stress hingegen entsteht, wenn wir über längere Zeit hinweg unter Druck stehen, ohne ausreichende Erholungsphasen. Dies kann erhebliche negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Laut Segerstrom und Miller (2019) kann Stress das Immunsystem schwächen und die Anfälligkeit für Infektionen und Krankheiten erhöhen. Zudem kann er zu Verdauungsproblemen, Schlafstörungen und chronischen Schmerzen führen. Stress erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck, was langfristig zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen kann.

Psychisch kann chronischer Stress unter anderem zu Burnout, Depressionen und Angststörungen führen. Radley et al. (2021) zeigen, dass er auch die kognitive Funktion beeinträchtigen kann, einschließlich Gedächtnis, Konzentration und Entscheidungsfindung. Langfristiger Stress kann die Neuroplastizität des Gehirns beeinflussen und zu anhaltenden psychischen Gesundheitsproblemen führen. Menschen, die unter chronischem Stress leiden, berichten häufig von einem Gefühl der Erschöpfung und Überwältigung.

Um diese negativen Folgen zu reduzieren oder sie gar ganz zu vermeiden, ist es förderlich im Alltag stressregulierende Maßnahmen zu ergreifen, wenn der oder die Betroffene erste Anzeichen bemerkt. 

Bedeutung der Stressregulation

Die Regulierung von Stress ist entscheidend für die Erhaltung der körperlichen und psychischen Gesundheit. Durch die Anwendung effektiver Strategien zur Stressbewältigung können wir unser Wohlbefinden verbessern und die negativen Auswirkungen von Stress minimieren. Es ist wichtig, regelmäßig Maßnahmen zu ergreifen, um Stress abzubauen und ein Gleichgewicht im Alltag zu schaffen, denn: Eine gute Stressbewältigung fördert ein gesundes und ausgeglichenes Leben. Aus diesem Grund werden Ihnen hier einige der bekanntesten und effektivsten Methoden dargestellt, mit denen Sie Stress im Alltag einfacher und effizienter den Kampf ansagen können. 

Tools zur Stressbewältigung

1.     Zeitmanagement
 
Effektives Zeitmanagement kann helfen, Stress zu reduzieren, indem es uns ermöglicht, unsere Aufgaben und Verpflichtungen besser zu organisieren und Prioritäten zu setzen. Aeon und Aguinis (2017) betonen, dass das Setzen realistischer Ziele und das Einteilen von Pausen Schlüsselstrategien für ein erfolgreiches Zeitmanagement ist. Durch eine strukturierte Planung können wir unsere täglichen Aufgaben effizienter bewältigen und Stress vermeiden. Einige äußerst hilfreiche Methoden sind beispielsweise:
 
·       To-Do-Listen mit allen Aufgaben erstellen.
·       Prioritäten nach Wichtigkeit setzen, Hauptaufgaben festlegen.
·       Fixzeiten, Abgabetermine in einem Kalender notieren.
·       Alle 60 Minuten eine fünf- bis 15-minütige Pause einlegen.
·       Hauptarbeitszeiten festlegen, z. B. 8.00 bis 12.00 Uhr und 15.00 bis 19.00 Uhr.
·       Störfaktoren erkennen und möglichst reduzieren (beispielsweise Digital Detox).
·       Kleine Pausen für kurze Entspannungsübungen nutzen (siehe unten) 
 
2.     Entspannungsverfahren
Ein hohes Stresslevel kann sehr effektive mit Entspannungsverfahren gesenkt werden, denn diese tragen dazu bei, dass wir innere Ruhe und Entspannung erlangen. Hier ist Achtsamkeit sowie Meditation große Stichwörter, aber auch Atemübungen und andere Verfahren können sehr hilfreich sein. 

Achtsamkeit, oder auch Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR), ist die Praxis, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein und unsere Gedanken und Gefühle ohne Urteil zu beobachten. Gu et al. (2021) zeigen, dass Achtsamkeit Stress reduzieren, das Wohlbefinden erhöhen und die emotionale Resilienz stärken kann. Achtsamkeitsübungen helfen uns, unsere Gedanken zu beruhigen und unsere Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu lenken.

Meditation ist eine Form der Achtsamkeit, die darauf abzielt, den Geist zu beruhigen und inneren Frieden zu finden. Regelmäßige Meditationspraxis kann den Cortisolspiegel senken, die Herzfrequenz und den Blutdruck regulieren und das allgemeine Stressniveau reduzieren (Pascoe et al., 2020). Meditationstechniken wie die Atemmeditation oder die geführte Meditation können helfen, Stresssymptome zu lindern und die mentale Klarheit zu verbessern. Hierfür gibt es Tools wie zum Beispiel Podcasts oder Apps, die Ihnen helfen können, Ihre innere Ruhe zu finden. 

Atemübungen sind einfache, aber effektive Techniken zur Stressbewältigung. Tiefes, bewusstes Atmen kann das Nervensystem beruhigen, die Entspannungsreaktion auslösen und das Gefühl der Ruhe und Gelassenheit fördern. Zaccaro et al. (2018) betonen die Wirksamkeit von Atemübungen zur Verringerung von Angst und Stress. Durch tiefe Atemzüge können wir unsere Herzfrequenz senken und ein Gefühl der Entspannung fördern. Auch hier gibt es zahlreiche digitale Applikationen, mit denen Sie durch den Prozess geleitet werden können.

Andere nachweislich fördernde Methoden sind hier aufgelistet:

·       Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
·       Autogenes Training
·       Biofeedback
·       Hypnose
·       Meditation
·       Yoga
 

3.     Körperliche Aktivität
Regelmäßige körperliche Aktivität ist eine bewährte Methode zur Stressreduktion. Bewegung setzt Endorphine frei, verbessert die Stimmung und kann als eine Form der aktiven Meditation betrachtet werden. Rebar et al. (2015) zeigen, dass moderate körperliche Betätigung Stresssymptome signifikant reduzieren kann. Aktivitäten wie Laufen, Radfahren oder Yoga helfen, Spannungen abzubauen und die körperliche Gesundheit zu fördern.

Andere Methoden, die Sie gut in Ihren Alltag integrieren können, sind zum Beispiel:

·       Spaziergänge an der frischen Luft (z. B. nach Feierabend oder in Mittagspausen).
·       Treppensteigen anstelle des Fahrstuhls. 
·       Radfahren zum Arbeitsplatz, anstatt mit dem Auto zu fahren.
·       Kurze Strecken immer zu Fuß gehen
 
4.     Journaling
Journalen, oder das Führen eines Tagebuchs, kann eine therapeutische Methode sein, um Stress abzubauen. Smyth et al. (2018) zeigen, dass durch das Aufschreiben unserer Gedanken und Gefühle Klarheit gewonnen, Emotionen verarbeitet und Problemlösungsstrategien entwickelt werden können. Journaling bietet eine Möglichkeit, unsere Gedanken zu ordnen und einen Überblick über unsere täglichen Herausforderungen zu gewinnen.
  Also: Setzen Sie sich doch einfach mal an den Tisch, greifen zu einem Journal und lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf wenn Sie sich das nächste Mal gestresst oder überfordert fühlen. Garantiert fühlen Sie sich danach schon besser und können Ihre Sorgen und Gedanken besser einordnen und strukturieren.  

5.     Naturaufenthalte
Falls Sie genug Zeit haben einen Ausflug ins Grüne zu machen, kann dies ebenfalls äußerst fördernd für Ihre Zufriedenheit sein. Der Aufenthalt in der Natur hat nachweislich positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und kann Stress reduzieren. White et al. (2019) zeigen, dass der Kontakt mit der Natur das Wohlbefinden verbessert, die Entspannungsreaktion fördert und die kognitive Funktion unterstützt. Ein Spaziergang im Park oder Zeit im Grünen kann helfen, den Geist zu beruhigen und Stress abzubauen. 

 

Stress ist ein unvermeidlicher Teil des Lebens, aber mit den richtigen Strategien kann er effektiv bewältigt werden. Zeitmanagement, Achtsamkeit, Meditation, Atemübungen, körperliche Aktiviäten, Journaling und Naturaufenthalte sind allesamt Beispiele wirksame Tools zur Stressbewältigung. Durch die Integration dieser Methoden in unseren Alltag können wir unser Wohlbefinden steigern und die negativen Auswirkungen von Stress minimieren. Ein bewusster Umgang mit Stress trägt wesentlich zu einem gesünderen und ausgewogeneren Leben bei. Zum Abschluss erhalten Sie fünf weitere allgemeine Tipps zur Stressregulierung: 

1.     Positive Gedanken und Lächeln
2.     Emotionen freien Lauf lassen
3.     Gesunde Ernährung
4.     Regelmäßige Pausen für Erholung 
5.     Ausreichend Schlaf
 

Ein bewusster Umgang mit Stress und die regelmäßige Anwendung dieser Tools können zu einem gesünderen, glücklicheren und ausgeglicheneren Leben führen. Indem wir uns Zeit nehmen, um unser Wohlbefinden zu pflegen und gezielt Maßnahmen zur Stressbewältigung ergreifen, investieren wir nachhaltig in unsere körperliche und psychische Gesundheit. Lassen Sie Stress nicht Ihr Leben dominieren – nutzen Sie diese Strategien, um mehr Ruhe, Zufriedenheit und Balance in Ihren Alltag zu bringen.

Quellen

Aeon, B., & Aguinis, H. (2017). It’s About Time: New Perspectives and Insights on Time Management. the Academy of Management Perspectives/Academy of Management Perspectives, 31(4), 309–330. https://doi.org/10.5465/amp.2016.0166

Hall, F. S., Der-Avakian, A., Gould, T. J., Markou, A., Shoaib, M., & Young, J. W. (2015b). Negative affective states and cognitive impairments in nicotine dependence. Neuroscience & Biobehavioral Reviews/Neuroscience and Biobehavioral Reviews, 58, 168–185. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2015.06.004

Pascoe, M. C., Thompson, D. R., Jenkins, Z. M., & Ski, C. F. (2017). Mindfulness mediates the physiological markers of stress: Systematic review and meta-analysis. Journal of Psychiatric Research, 95, 156–178. https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2017.08.004

Rebar, A. L., Stanton, R., Geard, D., Short, C., Duncan, M. J., & Vandelanotte, C. (2015). A meta-meta-analysis of the effect of physical activity on depression and anxiety in non-clinical adult populations. Health Psychology Review, 9(3), 366–378. https://doi.org/10.1080/17437199.2015.1022901

Santomauro, D. F., Herrera, A. M. M., Shadid, J., Zheng, P., Ashbaugh, C., Pigott, D. M., Abbafati, C., Adolph, C., Amlag, J. O., Aravkin, A. Y., Bang-Jensen, B. L., Bertolacci, G. J., Bloom, S. S., Castellano, R., Castro, E., Chakrabarti, S., Chattopadhyay, J., Cogen, R. M., Collins, J. K., . . . Ferrari, A. J. (2021). Global prevalence and burden of depressive and anxiety disorders in 204 countries and territories in 2020 due to the COVID-19 pandemic. Lancet, 398(10312), 1700–1712. https://doi.org/10.1016/s0140-6736(21)02143-7

Schneiderman, N., Ironson, G., & Siegel, S. D. (2005).** "Stress and Health: Psychological, Behavioral, and Biological Determinants." *Annual Review of Clinical Psychology*, 1, 607-628. DOI: 10.1146/annurev.clinpsy.1.102803.144141

Segerstrom, S. C., & Miller, G. E. (2004). Psychological stress and the human Immune System: A Meta-Analytic Study of 30 Years of Inquiry. Psychological Bulletin, 130(4), 601–630. https://doi.org/10.1037/0033-2909.130.4.601

Smyth, J. M., Hockemeyer, J. R., & Tulloch, H. (2008). Expressive writing and post-traumatic stress disorder: Effects on trauma symptoms, mood states, and cortisol reactivity. British Journal of Health Psychology, 13(1), 85–93. https://doi.org/10.1348/135910707x250866

White, M. P., Alcock, I., Grellier, J., Wheeler, B. W., Hartig, T., Warber, S. L., Bone, A., Depledge, M. H., & Fleming, L. E. (2019). Spending at least 120 minutes a week in nature is associated with good health and wellbeing. Scientific Reports, 9(1). https://doi.org/10.1038/s41598-019-44097-3

Zaccaro, A., Piarulli, A., Laurino, M., Garbella, E., Menicucci, D., Neri, B., & Gemignani, A. (2018). How Breath-Control Can Change Your Life: A systematic review on Psycho-Physiological correlates of slow breathing. Frontiers in Human Neuroscience, 12. https://doi.org/10.3389/fnhum.2018.00353